Grundstücksverkauf ‘Am See’ in Höchst – mehr als ein kleiner Fehler

HÖCHST, 1. September 2020. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Gemeindevertretung Höchst widerspricht Bürgermeister Horst Bitsch, der nur kleine Fehler in Bezug auf sein Handeln beim Verkauf der Grundstücke am See in Höchst sieht. Aus Sicht der Höchst GRÜNEN-Fraktion hat er die Beschlusslage der Gemeindevertretung beim Vertragsabschluss mit dem Investor im August 2015 ignoriert und das gesamte Gelände zu einem Dumpingpreis veräußert. Die Gemeindevertretung hat mit den Stimmen der GRÜNEN am 10. November 2014 mehrheitlich zugestimmt, dass die Teilflächen 1 bis 4 – für das Gebäude des Pflegeheims und drei Häuser mit Betreutem Wohnen – zum Preis von 25 Euro pro Quadratmeter an den Investor Konzeptbau Bayreuth verkauft werden sollten. Die fünfte Teilfläche von rund 1100 Quadratmeter sollte vom Investor erschlossen und baureif gemacht werden und im Besitz der Gemeinde verbleiben bzw. an die Sozialstation verkauft werden. „Die Erschließung und Baureifmachung des kommunalen Grundstücks ist somit Teil des Kaufpreises gewesen“, so Fraktionssprecherin Sigrid Maline Thierolf-Jöckel.

Zum Verständnis: Der Gutachterausschuss des Odenwaldkreises hate einen Kaufpreis für die vier Teilstücke des Geländes von 122 Euro pro Quadratmeter ermittelt. Die Leistungen für bauleitplanerische Maßnahmen und Erschließungsleistungen sollte der Käufer bzw. Investor erbringen, was einem regulären Verkaufspreis von 44, 50 pro Quadratmeter entspricht. Leider kam es dann zu einem problematischen Konstrukt, das auch seitens des Hessischen Städte- und Gemeindebundes 2015 kritisiert wurde: Die Planungs- und Erschließungskosten für die im kommunalen Besitz zu verbleibende Teilfläche 5 wurden auf den Kaufpreis für die vier Teilflächen umgelegt, ebenso eine „Erschwerniszulage“ von 16 Prozent gewährt. So errechnet sich der Verkaufspreis von 25 Euro pro Quadratmeter für die Teilflächen 1- 4 (zirka 5440 m2) an die Seniorenzentrum Höchst GmbH. Und somit stand der Gemeinde gemäß Beschluss der Gemeindevertretung ein baureif gemachtes Grundstück von rund 1100 m2 im Wert von rund 122 Euro pro Quadratmeter zu. Das hat auch Bürgermeister Horst Bitsch so am 28. November 2014 im Amtsblatt (Mümling Bote) mitgeteilt: „Entschließt sich die Sozialstation dazu, keinen Neubau zu realisieren, so ist die Gemeinde nach wie vor im Besitz eines Grundstücks im Wert von 122 Euro pro Quadratmeter, hat somit ohne eigene Investitionen, lediglich auf Kosten des Investors, ein Grundstück entwickelt bis zur Baureife und kann anschließend mit dem Grundstück auch gegebenenfalls ein anderes Projekt realisieren.“

Allerdings haben im August 2015 Bürgermeister Horst Bitsch und ein Mitglied des damaligen Gemeindevorstands per Vertrag die Gesamtfläche (Teile 1-5) zu 25 Euro pro Quadratmeter an den Investor verkauft. Dieser Vertrag wurde der Gemeindevertretung erst fünf Jahre später, im Juli 2020, vorgelegt. Dem Antrag des Bürgermeisters, diesem Vertrag und weiteren Änderungen nachträglich zuzustimmen, ist die Gemeindevertretung am 24. August 2020 mehrheitlich gefolgt – mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen SPD und KAH. Der Änderungsantrag der Grünen-Fraktion, über Nachverhandlungen ein Teilgelände – rund 1000 Quadratmeter – des Grundstücks Am See von der Seniorenzentrum Höchst GmbH zurückzufordern, wurde von der Gemeindevertretung mehrheitlich abgelehnt. Ebenso abgelehnt von der Mehrheit der Gemeindevertretung wurde der Änderungsantrag der WfH-Fraktion, den Differenzbetrag zwischen dem regulären Verkaufspreis von 44,50 Euro und den realisierten 25 Euro pro Quadratmeter für das Gesamtgelände vom Käufer nachzufordern. Wäre ein baureifes Teilgrundstück in kommunalem Eigentum verblieben, hätte die Gemeinde Höchst die Möglichkeit gehabt, diese Fläche in Erbpacht an eine Genossenschaft oder eine andere bauwillige Personengesellschaft zu veräußern. Konzepte wie Mehrgenerationenwohnen, Seniorenwohngruppen oder integrative bzw. inklusive Wohngruppen hätten dort umgesetzt werden können. Weiterer Vorteil: ein erschlossenes, baureifes, kommunales Grundstück Am See zu haben ist besser als eine bescheidene Verkaufssumme, von der die Erwerber noch die Kosten für die Altlastenentsorgung abziehen können – und Altlasten schlummern reichlich im gesamten Gelände Am See. Aber leider lehnte die Mehrheitskoalition (SPD + KAH) in der Gemeindevertretung diesen GRÜNEN-Antrag ab, der von der WfH unterstützt wurde.

Keinesfalls kann die Grünen-Fraktion der Argumentation des Bürgermeisters folgen, es sei doch egal, ob die Gemeinde der Höchster Sozialstation, einem Eckpfeiler der sozialen und Gemeinwesen orientieren Arbeit in der Kommune, die Baureifmachung des Grundstücks bezahlt und es dem Verein zu einem Kulanzpreis von 25 Euro verkauft. Oder, dass die Gemeinde einem Investor wie der Seniorenzentrum Höchst GmbH die Baureifmachung plus 16 Prozent Rabatt schenkt beziehungsweise diese Wertsteigerung doppelt bezahlt. Für uns besteht hier ein gravierender Unterschied.

Abschließend wollen wir darauf hinweisen, dass die Grünen-Fraktion in Höchst von Anfang an die Planungen für ein kleines Pflegeheim mit zirka 50 Plätzen in Klein-Gruppen unterstützt hat und die Mitglieder sich darüber freuen, dass mit Mission Leben ein renommierter diakonischer Träger diese Einrichtung betreibt. Auch hat die GRÜNEN-Fraktion in der Vergangenheit die Gemeinde unterstützt, um gute Rahmenbedingungen für ein bedarfsgerechtes Pflegeheim und für Betreutes Wohnen zu schaffen sowie ein Gebäude für die Sozialstation in Höchst zu ermöglichen.

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